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SONNENLAND

Karl Hans Janke vs. Wernher von Braun – Ideen eines Weltraumphantasten

In jeder freien Minute beschäftigt sich Ziolkowski
hier in seiner Erfinderwerkstatt mit dem Gedanken
über die Fahrt in den Weltraum. Er hat berechnet,
daß es möglich sein müßte, mit einer Rakete wie dieser,
die Erde zu verlassen, um zum Mond zu fliegen.
( Mosaik, Heft 45, August 1960)

Im Museum Peenemünde ist ab letztes Wochenende eine Ausstellung mit Zeichnungen, Fotos und Modellen des Utopisten und Erfinders Karl Hans Janke zu sehen, kuratiert von Peter Lang und Moritz Götze. Janke wurde1909 in Kolobrzeg geboren, studierte in Greifswald Zahnmedizin und schied wegen psychischer Erkrankung aus dem Kriegsdienst aus. Sein Leben in der DDR verbrachte er in der Psychiatrie Hubertusburg in Wernsdorf, wo er 1988 starb. Seit seiner Jugend wollte er erforschen, was die Welt zusammen hält.

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Er schuf tausende von Zeichnungen und hunderte von Erfindungen, die er patentieren ließ. Seine Forschung begann er 1928 und datierte seine Zeichnungen immer mit diesem Jahr, neben dem Jahr der Anfertigung.
1928 war exakt das Premierenjahr von Fritz Langs Film „Die Frau im Mond“, die Beratung für diesen Film führte Hermann Oberth, der 1923 das Grundlagenwerk der modernen Raketenforschung „Die Rakete zu den Planetenräumen“ herausbrachte. Und noch ein Andere begann in dieser Zeit, sich für Raketen zu interessieren – Wernher von Braun, der 1929 die Science Fiction Geschichte „Lunetta“ schrieb. Er wurde später einer der wesentlichen Entwickler von deutschen Vernichtungswaffen, wie der „V2“. Er konstruierte nach dem Krieg für die USA Trägerwaffen, andere bezeichnen ihn als Pionier der US-amerikanischen Raumfahrt. Braun arbeitete in leitender Funktion bis Anfang 1945 in Peenemünde. An dem Ort, wo im Oktober 1942 der weltweit erste Start einer Rakete ins All gelang, der aber auch gleichzeitig als Geburtsort der Mittelstreckenraketen gelten kann.
Deshalb taucht der Name Braun auch im Ausstellungstitel auf, obwohl in den sechs Räumen von und über ihn wenig zu sehen ist. Da muss man dann weiter in die Räume der ständigen Ausstellung nebenan gehen. Das war auch nicht anders beabsichtigt, es zeigt dass das Schaffen Karl Hans Jankes sich radikal von dem eines Brauns unterschied. Janke tat alles im Namen von „Fortschritt, Freundschaft und Frieden“. Nie arbeitete er an der Entwicklung von Waffen. Ob In seinen Buntstiftzeichnungen auf einfachem Papier, die Jan Hoet, künstlerischer Leiter der Documenta IX, in den Adelsstand erhob: „Das Blatt ist von links nach rechts, von oben nach unten vollkommen. Es ist perfekt. Man kann nichts hinzufügen – nichts. Man kann auch nichts wegnehmen. Bei Kandinsky, beispielsweise, kann man viel wegnehmen. Es gibt viele Linien bei ihm, die überhaupt nicht nötig sind.“
Auch Jankes Modelle der Weltraumschiffe überraschen, wie das „Sonnenland“ von 1958, das verblüffend den modernen Raumgleitern ähnelt, die zurzeit von der NASA getestet werden. Leider sind von den Modellen keine mehr erhalten, zwei wurden nach Aufzeichnungen für die Ausstellung nachgebaut.
Bei der Ausstellung gibt es auch Verweise und Bilder zweier Geistesverwandter. Von Konstantin Eduardowitsch Ziolkowski, Vater der russischen Raketenforschung und dem Belgier Panamarenko, Ingenieur und Künstler. Die Zeichnungen dieser drei vereinen neben der Ähnlichkeit mit den Innenseiten einiger Mosaikhefte der 1960er Jahre vor allem die Tatsache, dass sie sich als Erfinder sahen, wir aus unserer heutigen Sicht aber vor allem aber auch die Kunst in den Arbeiten sehen.
Dabei hat sich Janke nie als Künstler gesehen. Als er 1966 dem Büro für Neuerer der Fluglinie Interflug seine Konstruktionspläne für das Raum-Trajekt „Venusland“ schickte, sandte man sie weiter an die Kunst. Die Sektion Bildende Kunst der Deutschen Akademie für Dichtkunst bemühte sich um eine Vermittlung zum Verein bildender Künstler. Das war nicht in Jankes Sinne, er protestierte, schließlich sei er kein Picasso, der einer spontanen Inspiration folgt, sondern ein Pionier der Technik, der streng wissenschaftlich und nach den Gesetzen der Logik arbeitet. Er hatte auch Visionen für alternative Energiegewinnung, die er in einem Vortrag 1970 vortrug: „Raum-Inselwolken – 420 Millionen km lang – 150 Millionen km Durchmesser! Milliarden – Milliarden – im finsteren Raum! Ich bezeichne diese als Muttergrund-Wolken, weil sie die Nährstoffe für die Sonnensysteme enthalten; in staubförmigem Zustand sämtliche Elemente, die wir aus der Chemie her kennen! Darauf strahlen die Sonnen und –Systeme, die wachsen, wie die Blumen auf den Wiesen! 3 – 5 – 9 – 11 Sonnensysteme auf jeder Nährbodengrundwolke. Wir Menschen werden zunächst von einem Sonnensystem zum nächsten fahren…“
Vorerst reicht es aus zu dieser gelungenen Ausstellung nach Peenemünde zu fahren, um an einem alten Ort des Schreckens die Utopie eines Menschenfreundes zu entdecken.
Zur Ausstellung erschien ein umfangreicher Katalog, 140 S., mit zahlreichen Farbabbildungen, Texten, dt./engl. und in Zusammenarbeit mit der „Zentrale Intelligenz Agentur“ das Magazin „Weltraum Echo“. Die Ausstellung „Karl Hans Janke vs. Wernher von Braun – Ideen eines Weltraumphantasten“ läuft bis zum 4. November 2007 im Museum Peenemünde.

natter | 26.06.07 01:37 | Permalink