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Zur Begrüßung "Sieg Heil" - so grüßen polnische Abgeordnete

Das die polnischen Nazis im Geschichtsunterricht nicht aufgepasst haben ist seit langem bekannt. Bereits Anfang der 90er Jahre hatte eine Neonazi-Gruppe aus Katowice (Katowitz) einen deutschen LKW-Fahrer mit einem Bayonett mit der Gravur "Sieg Heil" erstochen. Das die Polen als Slaven die nächsten in der Reihe waren, die von Hitler für den Ofen bestimmt gewesen sind, haben diese versäumt nachzuschlagen. Das dies nicht nur dumpfe Schläger der unteren Reihen betrifft hat nun das Boulevardblatt "FAKT", die polnische Version der BILD, herausgefunden. Die Zeitung publizierte in ihrer Samstagsausgabe (29.10) ein Foto des polnischen Abgeordneten Bogusław Sobczak (26) auf ihrer Titelseite der sich mit seinen Zöglingen der neofaschistischen Mlodziez Wszechpolska [Allpolnische Jugend] mit einem zum Hitlergruss ausgestreckten Arm präsentiert. Bogusław Sobczak ist Parteimitglied der rechtsextremen Liga Polskich Rodzin - LPR [Liga der Polnischen Familien] und Vize-Vorsitzender der am 2.12.1989 in Poznan wiedergegründeten gleichnamigen Nachfolgepartei, der vor dem Krieg aktiven faschistischen Jugendorganisation der Narodowa Endecja (ND) von Roman Dmowski.

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Der polnische Parlaments-Abgeordnete Bogusław Sobczak träumt ein neuer Göbbels zu werden

Der Pressesprecher derLPR-Fraktion Piotr Ślusarczyk wollte zu dem Vorfall dem Ostblog kein Komentar geben, meinte jedoch, dass vor dem II. Weltkrieg mehrere nationale Organisationen diese Geste benutzten, die mit der Nazibewegung nichts gemein hatten. Ślusarczyk warf dabei der Zeitung "Fakt" Verbindungen zu Leszek Bubel vor.
Bubel ist pikanterweise selbst ein rechtextremer polnischer Verleger (Goldpol GmbH), der den polnischen Bücher- und Zeitschriftenmarkt mit antisemitischer Hetzte und und ultranationalistischer "Literatur" kontaminiert. So war es in Vergangenheit Bubel, der das Buch "Tematy niebezpieczne" [Gefährliche Themen] des ersten polnischen Holocaustleugners Dariusz Ratajczak verlegte.

Ratajczak, ein Doktorand an der Universität Opole (Oppeln) in Niederschlesien wurde daraufhin von der Uni verwiesen. Das Gericht sah seine negationistische Publikation jedoch als geringfügig Geselschaftschädigend und sprach ihn frei. Dies ist in Polen keien Ausnahme. Die Staatsanwälte und Richter sind eigene Opfer der nach 1989 geschaffenen antikomunistischen Ideologie, nach der die Meinungsfreiheit unbegrenzt gültig ist und alles mitumfassen muss. Auch Volksverhetzung und Aufstahelung zum ethnisch und religiös motivierten Mord. Alles andere wäre eine Rückkehr zur alten Nomenklatura des komunistischen Regimes. Diese Auffassung widerspricht zwar einschlägigen Bestimmungen des polnsichen Strafgesetzbuches (Art. 256 polnischer StGB - Propagierung des Faschismus und totalitärer Systeme sowie Art. 257 Volksverhetzung) und der polnsichen Verfassung (Art. 13), aber das scheint im Land der unbegrenzten Möglichkeiten keinen zu stören.

Ślusarczyk warf hinzu, eine Zeitung [vermutlich der "Tygodnik Polska" - das Presseorgan der Polnsichen Nationalen Partei (PPN) dessen Vorsitzender Bubel ist) von Bubel solle bereits in der Vergangenheit Aktivisten der Młodzież Wszechpolska mit ausgestreckten rechten Arm abgebildet haben und dies hat keinen so grossen Skandal hervorgerufen. Bei beiden Parteien der LPR und der PPN handelt es sich um rechtsextremistische Parteien die um die Vorherrschaft unter den Nazi-WählerInnen kämpfen.

In dem heute veröffentlichen Artikel des FAKT, erklärt Sobczak er habe den Arm ausgestreckt, weil er gerade ein Bier bestellen habe wollen. Anscheinend wollten die Nazis mit ihrem Guru kurz vor Feieraben alle auf einmal bestellen, denn ihre Arme reissen sich praktisch um das Bier. Mögen ihre durstigen Hälse an der Flüssigkeit Eruptieren und auf See bleiben.

Zu dem skandalösen Verhalten äußerte sich bislang nur die Jugendorganisation der SLD (Sojusz Lewicy Demokratycznej). Die Organisation appelierte an den Abgeordneten sein Mandat nieder zu legen. Den Rest der Politik interessiert es kaum. Warum auch? Mit einem homphoben und ausländerfeindlichen Präsidenten Kaczynski (Prawo i Sprawiedliwosc - PiS), der beste Kontakte zum antisemitischen Radio Maryja unterhält hat man ein gutes Vorblid um unter die angebliche "political correctness" im Umgang mit Geschichte, Antisemitismus und Faschismus endlich einen Schlussstrich zu ziehen.

Weitere Infos:
Die Titelseite des Fakt vom 29.10.2005

Antisemitismus in Polen [in Englischer Sprache]

Michal Stachura | 30.10.05 00:01 | Permalink